Andreas Zumach zum Thema: 'Ukrainekrieg - was jetzt? Gibt es noch eine Friedenspolitik?'
Gemeinsam mit Andreas Zumach, ehemaliger UN-Korrespondent für die TAZ, freier Journalist sowie Publizist zu Themen wie Völkerrecht, Internationale Konflikte, Friedenspolitik u.a., wollten wir uns am 01.12 der Frage widmen: Was wären die Chancen und notwendigen Schritte für eine militärfreie, ökologische sowie sozial und global gerechte Zeitenwende und für eine europäische Friedensordnung, die es nur mit Russland geben kann?
Hier in Kürze wichtige Infos/Fakten aus seinem sehr informativen Vortrag.
Folgen des Krieges: jegliche Abrüstungsbemühungen, atomar und konventionell, sind ad acta gelegt, alle Staaten erhöhen massiv die Rüstungsausgaben; Verschärfung der Ernährungskrise v.a. in Afrika, aber auch von sozialen Konflikten im Westen durch die extreme Verteuerung von Energie und Gütern; weiter fortschreitende Schwächung ziviler internationaler Institutionen (UN und OSZE) und Vernachlässigung des Klimaschutzes
Unterschiedliche Interessen aller Akteure der Ukraine - Unterstützer treffen aufeinander und haben sich im Laufe der Zeit verändert:
- Die USA wollten nie eine gute und enge Beziehung EU – Russland, sondern ein schwaches Russland. Ihre Reaktion auf die Krim Annexion - Aufrüstung der Ukraine.
- Die EU wollten eine diplomatische Lösung mit Minsk I und II, wurden aber von USA nicht unterstützt. Beide, Russland und Ukraine, haben die Abkommen gebrochen und Zusagen nicht eingehalten. Inzwischen hat sich das Kriegsziel geändert – von Souveränität und Verteidigung der Ukraine zu „Niederringen Russlands“, dafür ist die US-dominierte NATO das Hauptinstrument.
Versuche gewaltlosen Widerstands gab es häufiger wie die Studie „Ukrainische gewaltfreier Widerstand im Angesicht des Krieges“ von Felip Daza Sierra vom Juni 2022 gezeigt hat, sie konnten aber keine Wirkung entfalten, weil dort wie auch nirgends sonst auf der Welt die Bevölkerung in diesen Methoden geschult wurde und wird.
Waffenlieferungen gelten als DAS Mittel zur Rettung der Ukraine und werden mit höchstem moralischem Druck gerade auch vom „zögerlichen“ Deutschland gefordert. 60% der Deutschen aber wollen jetzt stattdessen diplomatische Initiativen. Die mit den Lieferungen verbundenen politischen Ziele – Patt oder Erschöpfung - sind unrealistisch. Russlands Luftwaffe und Artillerie bleiben haushoch überlegen im Verhältnis 35 zu 1, es kann viel mehr Soldaten rekrutieren und ist auch wirtschaftlich durchhaltefähiger als der Westen.
Verhandlungen mit internationaler Unterstützung aber ohne westliche Vorgaben müssen schnell kommen, um das massenhafte Sterben zu beenden. Ergebnisse können vorläufig sein: Wenn ein Modus vivendi gefunden ist, können kleine Schritte (s. Ostpolitik Brands) gegangen werden, wie sie schon im März in Istanbul bei einem Treffen von ukrainischen und russischen Gesandten beredet wurden: neutrale Ukraine, kein NATO-Beitritt und keine militärischen Stützpunkte im Land, international abgesicherte Sicherheitsgarantien, 15 Jahre Einfrieren des Krimkonfliktes, Verhandlungen über Donbass. Als Anfang April Premier Johnson der Ukraine jedwede militärische Unterstützung zusagte und auch Washington sich so positionierte, galt nur noch die militärische Option.
Was jetzt?
- Druck von außen auf Putin durch die UN und die großen Länder des Südens unter Einbeziehung Chinas, das Russland nicht unterstützt, sondern den Krieg ablehnt aus Sorge um die Lieferketten.
- Druck von außen auf Selenski durch die USA: Verzicht auf NATO – Beitritt, autonome Krim mit eigenem Steuer-und Verwaltungswesen.
Eine künftige Sicherheitsordnung muss Russland einbeziehen. Nötig sind zivilgesellschaftliche Kontakte auf vielen Ebenen, Rüstungskontrolle und Abrüstung wiederbeleben (Open Skies, ABM Vertrag, etc.) Zusammenarbeit beim Umbau der fossilen zur ökologischen Energiewirtschaft.
Uns erscheinen diese fundierten Überlegungen eine gute Basis zu sein, das Blutvergießen zu beenden, wenn der politische Wille da ist. Diesen Willen zum Frieden stärken bleibt das Ziel unserer Arbeit.